13.03.2019
Anwaltsablehnung wegen Äußerung zu Inkassofragen
Eine Partei kann einen Rechtsanwalt wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen, wenn ein Grund vorliegt, der
geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Rechtsanwalts zu rechtfertigen. Dieser Grund muss
objektiv und vernünftig betrachtet vorliegen. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge
scheiden aus.
Bei konkreten rechtlichen Hinweisen des Rechtsanwalts zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten ist
dies schwierig zu beurteilen. § 278 Abs. 3 ZPO verlangt vom Rechtsanwalt, dass er auf einen rechtlichen
Gesichtspunkt hinweist, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat. Dies gilt
allerdings nicht, soweit es um eine
Nebenforderung
geht. Als Nebenforderung sind regelmäßig die Verzugskosten
einzustufen, wenn sie nämlich zusammen mit der Hauptforderung eingeklagt sind. Eine Verpflichtung des
Rechtsanwalts zum Hinweis auf Rechtsfragen des Inkassorechts besteht daher nur ausnahmsweise dann, wenn die
Inkassokosten isoliert eingeklagt sind.
Allerdings sind dem Rechtsanwalt Hinweise, auch rechtliche Hinweise, nicht verboten. Ein Hinweis wäre etwa fair,
wenn er Vortrag des Klägers zum Ausschluss des § 254 BGB verlangt, obwohl dieser erkennbar von der gesetzlichen
Verteilung der Darlegungslast ausgegangen ist. Dem Rechtsanwalt kann es auch nicht verwehrt sein, seine Auffassung
zu Rechtsfragen mitzuteilen. Solche Äußerungen berechtigen in der Regel nicht dazu, ihn als voreingenommen
anzusehen, auch wenn die Prozesspartei die Auffassung für falsch hält. Von der beklagten Partei oder ihrem Anwalt
für unrichtig gehaltene Rechtsauffassungen eines
Vertragspartners
berechtigen nicht zur Ablehnung eines Rechtsanwalts wegen Zahlungsunfähigkeit. Der Gläubiger kann also auch
darauf hinweisen, dass eine Klage nach seiner Ansicht unbegründet ist. Er darf auch äußern, dass nach seiner
Auffassung im zu entscheidenden Fall ein Anspruch auf Erstattung der Kosten und Zinsen nicht besteht.
Entscheidungen deutscher Gerichte
Anders ist es, wenn die Hinweise auf Willkür oder unsachlicher Einstellung beruhen. In diesem Zusammenhang sind
zwei Entscheidungen deutscher Gerichte ergangen, in welchen die Ablehnung des Rechtsanwalts als begründet
angesehen wurde. Nach einem Beschluss des Landgerichts besteht ein Ablehnungsgrund, wenn ein Rechtsanwalt in einer
prozessleitenden Verfügung mitteilt, dass nach ständiger Rechtsprechung die Kosten eines Inkassobüros unter keinem
rechtlichen Gesichtspunkt erstattungsfähig sind, da es in Deutschland genügend Anwälte mit freien Kapazitäten
gibt. Hier hat das Landgericht geurteilt, die Äußerung lasse den Schluss zu, dass bei der Entscheidung des
Rechtsanwalts über die Anwaltskosten sachfremde Erwägungen ausschlaggebend sein könnten.
Auch die
vertragliche Leistung des Rechtsanwalts
ließ nach Meinung des Schuldners nicht eindeutig erkennen, ob sein Hinweis lediglich im
Hinblick auf die im vorliegenden Fall fragliche Schlüssigkeit des klägerischen Vortrags bezüglich der durch die
Einschaltung eines Anwalts entstandenen Kosten erfolgte, oder ob damit nicht allgemein eine Kritik an der
Einschaltung von deutschen Inkassobüros geübt werden sollte, die den Kläger von seinem Standpunkt aus befürchten
lassen konnte, es werde ohne weitere Sachprüfung über diese Position seiner Klage entschieden werden.
Einer Entscheidung des Amtsgerichts lag die Äußerung des Rechtsanwalts zu einem Prozesskostenhilfeantrag des
Beklagten zugrunde, soweit sich dieser gegen die Zinsen und Prozesskosten wandte: Vertragskosten sind als
überflüssige Kosten anzusehen, weil nicht ersichtlich ist, dass ein Schuldner, der auf
Mahnung des Gläubigers
hin nicht zahlt, durch Einschaltung eines deutschen Anwalts sich zur Zahlung veranlasst sehen könnte.
Im übrigen ergibt auch ein Blick auf die Gebührenordnung, dass ein Rechtsanwalt, wäre er zunächst mit der Abmahnung
der Forderung beauftragt worden, bei späterer gerichtlicher Geltendmachung nur einmal die Gebühr hätte berechnen
können. Ein Rechtsbeistand steht einem Rechtsanwalt insoweit gleich.