13. März 2019
Arzneimittelkosten
Der Anstieg der Gesamtverbraucherzahlen spiegelt sich besonders in den Arzneiausgaben der Kassen wider. Dabei kann
davon ausgegangen werden, dass von den gesetzlichen Krankenkassen an die Apotheken immer rund 50% des
Arzneimittelumsatzes rückvergütet wurden. Erst mit dem Gesetz von 2016 trat durch Vergrößerung der Zahl der
versicherten Patienten eine Verschiebung zur Gesamtentwicklung ein; dadurch hat sich der Anteil auf 58% erhöht.
Die Hälfte - und wenn der Verbrauch in den Krankenhäusern hinzugerechnet wird - rund 2/3 der Arzneiverbraucher
entfällt auf die Krankenkassen. Das ist ein Faktor, der gesehen werden muss, wenn die Unzufriedenheit der Patienten
und der hinter ihnen stehenden Versicherungen mit dem augenblicklichen System analysiert wird.
Der zweite Faktor ist die Tatsache, dass im Laufe des Jahres 2015 der prozentuale Anteil der Arzneikosten mit rund
19% an den
Gesamtaufwendungen der Kassen
zum ersten Mal den Anteil der Honorare der Ärzte mit rund 18% überstiegen
hat. Zuvor war es selbstverständlich, dass die Kosten für die persönliche ärztliche Betreuung weit über den Kosten
für das Hilfsmittel Medikamente lagen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind von dieser Entwicklung betroffen,
und suchen nach Wegen, diese hohen Ausgaben für Arzneimittel wieder abzubauen. Da eine radikale Verschärfung des
Regress-Systems nicht in Betracht kommt, wurde der Angriff gegen die Arzneimittelpreise auf dem Wege des
juristischen Drucks aufgebaut.
Unwirtschaftlichkeit
Aufgrund einer Anfrage von 2015 wurde ein gemeinsamer Ausschuss beim Preisreferat des Gesundheitsministeriums
gebildet, dem auch die Vertreter der Krankenkassen und der Prüfungsgremien angehören. Bei den Untersuchungen dieser
Ausschüsse hat sich nach langsamen Abbau der zunächst vorhandenen Überversorgung ergeben, dass die Gesamtvergütung
in Wirklichkeit nicht die entscheidende Frage ist. Die Prüfungsgremien der
Wirtschaftlichkeitsprüfung
konnten nachweisen, dass die Preissteigerungen für Arzneimittel hinter den sonstigen Preissteigerungen und damit
hinter den allgemeinen Lebenskostensteigerungen nicht unwesentlich zurückgeblieben sind.
Auch der internationale Vergleich der Arzneiaufwendungen der Sozialversicherungen weist einen besonders günstigen
Platz für die Ärzte aus. Es müssen also andere Faktoren vorliegen, die die Kostensteigerungen verursachen, obwohl
die Krankenkassen mit der Situation nicht zufrieden sind.
Vor den Prüfungsauschüssen in den Besprechungen mit den betroffenen Ärzten haben die Krankenkassen wiederholt
erklärt, dass der Gedanke, im Wege des Regresses die
Arzneikosten
zu senken, nicht befriedigend ist. Der Arzt hat keine direkte Einwirkungsmöglichkeit, auch kann die
Wirtschaftlichkeit der Verschreibung im Einzelfall nicht beurteilt werden.
Schon 2011 wurde der Grundsatz des Sachleistungsprinzips postuliert, wonach dem Einzelnen, anders als bei fast
allen anderen Versicherungen gegen gesundheitliche Risiken, nicht seine ihm entstandenen Unkosten vergütet werden,
sondern die Sozialversicherung dem Versicherten die Dienst- und Sachleistung der ärztlichen Betreuung, sowie die
von dem Arzt für notwendig gehaltene Versorgung mit Arzneimitteln gewährt wird. Um in diesem Sachleistungs-System
die zunächst nur für unbedeutend gehaltenen Arzneikosten zu begrenzen, wurde der
Regelbetrag
eingeführt, indem der
Durchschnittswert der Arzneikosten der Fachgruppe errechnet wurde, um einen gerechten Maßstab für die Praxis
gewinnen zu können.
Sachleistung
Vor rund zwei Jahren wurde von Seiten der Krankenkassen die Frage diskutiert, ob nicht das System des
Sachleistungsprinzips in dieser Form aufgeben sollte. Anlass war die Öffnung der gesetzlichen Krankenkassen für
alle zuvor Nichtersicherten, die die Ersatzkassen dazu benutzten, allen neu hinzukommenden Mitgliedern das Recht
einzuräumen, sowohl ihre Arztkosten wie auch ihre Arzneimittelkosten selbst zu bezahlen, um dann die Rechnungen
zur Kostenerstattung einzureichen. Von diesem Gedanken haben die Ärzte aber wieder Abstand genommen, denn es wurde
befürchtet, damit den Grundsatz der Gleichberechtigung und Gleichbehandlung, das heißt den Grundsatz der
Wirtschaftlichkeit zu verletzen. Auch wurde befürchtet, dass die Ärzte unterschiedliche Rechnungen ausstellen
könnten, von denen immer nur ein Teil erstattet wird. Dadurch würden die Krankenkassen bald in die Verlegenheit
kommen, höhere Honorare zahlen zu müssen, nicht nur weil die Ärzte es verlangten, sondern auch um erhebliche
Ungleichbehandlungen zu verhindern. Die Aufgabe des
Sachleistungssystems,
die zugleich das Ende aller Regresse in der heutigen Form bedeutet hätte, ist also nicht mehr in der Diskussion der
involvierten Rechtsanwälte; eher schon der Abbau der wahlweisen Kostenerstattung bei den Ersatzkassen.
Das Problem des Regresses gibt es in Klinik und Krankenhaus nicht; den Krankenkassen können vom Krankenhaus alle
Arzneikosten und Leistungen in Rechnung gestellt werden, ohne jegliche Beschränkung. Von Seiten der Ärzte ist
deswegen vor einem Jahr gefordert worden, die niedergelassenen Ärzte von jedem ungerechtfertigten Regress zu
befreien, sonst müssten diese fordern, genauso wie die Klinik behandelt zu werden.